Tiere

Katzenbesitzerin soll Tierarzt gekratzt haben

Ein Veterinärmediziner fürchtet, dass eine Katzenbesitzerin nicht zahlen will und ruft die Polizei. Daraufhin soll die Frau den Mann angegriffen haben. Vor Gericht stellt sich die 40-Jährige als Opfer dar – bis der Richter die Reißleine zieht.

Nur kurz ruhen ihre Hände auf der Anklagebank, die Nägel sorgfältig manikürt, die oberen Ränder weiß, French-Style. Dass ein Tierarzt von einer Katze gekratzt wird, das soll ja öfter vorkommen. Dass eine Katzenbesitzerin dem Veterinär angeblich ihre gefeilten Krallen durchs Gesicht zieht, eher selten. Vor dem Amtsrichter sitzt nun Jessica K., angeklagt wegen Körperverletzung.

Die nahezu schon prähistorische Neonröhre an der Decke in Saal 117 blinkt an den Ecken orange, surrt und will nicht anspringen. Genauso holpert der Prozessauftakt. Das Gericht wartet auf die Angeklagte, deren Rechtsanwalt Thomas Novak versucht, seine Mandantin telefonisch zu erreichen. 15 Minuten wird in der Regel gewartet, nach 13 schneit eine Frau mit blondem Dutt in den Saal.

Lauscht man ihren Ausführungen, so müsste eigentlich nicht sie auf der Anklagebank sitzen, sondern der Tierarzt. Sie hatte an einem Novemberabend 2023 noch in der Praxis angerufen und um einen Termin gebeten, „der Kater hat nicht mehr getrunken“, erzählt sie. So gegen 19 Uhr habe sie das Tier gebracht. Während der Untersuchung sei der elfjährige Kater dann unruhig gewesen, der Tierarzt habe sie und ihren Sohn aus dem Behandlungsraum geschickt. So weit ähneln sich die Schilderungen der Beteiligten stark.

Caroline Schreiner von der Staatsanwaltschaft ist der Ansicht, dass die 40-Jährige nach der Katzen-Behandlung mit Fäusten auf das Gesicht und den Kopf des Tierarztes eingeschlagen und ihn mit ihren Fingernägeln im Gesicht gekratzt habe. Zudem soll sie den Mann als „Frauenschläger“ beleidigt haben.

„Ich dachte, sie will mir die Augen auskratzen“, erzählt der Veterinär im Zeugenstand. Er habe nach der Untersuchung des Katers dessen Blut im Labor analysieren lassen, irgendwann habe Jessica K. an die Türe geklopft, gesagt, dass das zu lange dauere und sie nun heim müsse, weil ihre minderjährige Tochter warte. „Sie wollte gehen, ohne zu zahlen“, berichtet der 47-Jährige.

Daraufhin habe er die Polizei verständigt. Als er sich die Katze, die in einer Transportbox im Wartezimmer saß, noch einmal ansehen wollte, habe ihn die Frau von hinten angegriffen. Er habe ihr gesagt, sie solle sofort seine Praxis verlassen und versucht, die Frau in Richtung Haustüre zu schieben: „Aber das ist mir nicht gelungen.“

Bei Jessica K., die Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt hatte, klingt die Geschichte ganz anders. Sie habe den Tierarzt nie angefasst, behauptet sie. Vielmehr sei er plötzlich grundlos aggressiv auf sie losgegangen. „Er hat mich gewürgt“, behauptet sie. Er habe sie an ihrem Schal gepackt und diesen vor ihrem Hals zugezogen. Und sie habe ganz sicherlich bezahlt. Wann, daran könne sie sich aber jetzt nicht mehr erinnern.

Vorne an der Richterbank von Maximilian Seidl zeigt der Veterinär Fotos, die seine Verletzungen dokumentieren sollen. „Da sieht man gar nichts“, meint der Verteidiger. Laut einem ärztlichen Attest erlitt der Tierarzt Kratzer an Arm und Hand sowie Prellungen. „Ich hatte Albträume und Schlafstörungen“, sagt er. Seine Mitarbeiterin könne das bezeugen. Außerdem ist der Sohn der Angeklagten als Zeuge geladen.

Da Richter Seidl schon leichte Widersprüche erkennt, bittet er zum Rechtsgespräch. Am Ende willigt die Angeklagte ein, dass das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden soll. 200 Euro soll Jessica K. zugunsten des Münchner Tierheims zahlen.

 

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